"Es geht nicht nur um die Ukraine", sagte Selenskyj am Dienstag bei der UNO-Generaldebatte in New York. "Wenn Hass als Waffe gegen eine Nation eingesetzt wird, dann hört es nie damit auf", mahnte er. "In jedem Jahrzehnt zettelt Russland einen neuen Krieg an."

Teile von Moldau und Georgien seien besetzt, Russland habe sich Belarus fast einverleibt, bedrohe Kasachstan, die baltischen Staaten - und die internationale Ordnung. "Viele Sitze in der Halle der Generalversammlung könnten leer werden, wenn Russland mit seinem Verrat und seiner Aggression Erfolg hat." Moskau nutze im Krieg gegen die Ukraine nicht nur militärische, sondern auch andere Waffen - "und diese Dinge werden nicht nur gegen unser Land eingesetzt, sondern auch gegen Ihres", sagte Selenskyj an die Adresse der UNO-Mitgliedstaaten.

"Lebensmittelpreise als Waffe"

"Russland setzt Lebensmittelpreise als Waffe ein", mahnte er. "Die Auswirkungen erstrecken sich von der Atlantikküste Afrikas bis nach Südostasien." Ebenso nutze Moskau Energie als Waffe, um Regierungen anderer Länder zu schwächen. "Terroristen haben kein Recht, Atomwaffen zu besitzen", mahnte Selenskyj mit Blick auf Russland und dessen Drohungen mit nuklearem Vernichtungspotenzial. "Aber wahrlich, nicht die Atombomben sind jetzt das Furchterregendste."

Selenskyj hat der Weltgemeinschaft versichert, trotz des russischen Angriffs auf sein Land ein wichtiger weltweiter Lebensmittellieferant zu bleiben. "Die Ukraine wird ihre Rolle als Garant der globalen Ernährungssicherheit niemals aufgeben", sagte der 45-Jährige am Dienstag.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vor den Vereinten Nationen vorgeworfen, mit seiner Aggression auch viele andere Staaten zu bedrohen. Moskau greife die Ukraine nicht nur militärisch an, sondern nutze auch andere Instrumente als Waffen - "und diese Dinge werden nicht nur gegen unser Land eingesetzt, sondern auch gegen Ihres", sagte Selenskyj am Dienstag bei der UNO-Generaldebatte in New York an die Adresse der Mitgliedstaaten.

Niemand habe von der Ukraine erwartet, dass sie die russische Flotte aus ihren Schwarzmeergewässern verdrängen und so mehr Routen für Getreidelieferungen habe schaffen können, sagte Selenskyj. Lebensmittelexporte aus der Ukraine hätten unter anderem Algerien, Dschibuti, Ägypten, Kenia, Libyen, Libanon, Marokko, Somalia, Tunesien und Bangladesch erreicht. "Wir haben es geschafft, und nichts hindert uns daran, weitaus ehrgeizigere Ziele zu erreichen."

Die Ukraine schlage Maßnahmen vor, um Unruhen auf dem globalen Lebensmittelmarkt zu verhindern, sagte Selenskyj. So könne man Umschlagplätze für Millionen Tonnen Getreide pro Jahr errichten - die Ukraine verhandle derzeit darüber. "Die Welt verfügt über alle notwendigen Ressourcen, um alle Probleme zu lösen und gleichzeitig die globale Entwicklung voranzutreiben", sagte Selenskyj. "Nicht reden. Nicht warten. Taten verändern die Welt", rief der Präsident.

Bitte um reichweitenstarke Marschflugkörper

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einmal mehr reichweitenstarke Marschflugkörper von den USA und anderen westlichen Partnern erbeten. Sein Land plane nicht, damit Moskau oder andere Ziele auf russischem Boden anzugreifen, "wir wollen einfach unser Land retten", sagte Selenskyj am Dienstag (Ortszeit) in einem Interview des Fernsehsenders CNN am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

In dem Interview sprach der 45-Jährige teils Ukrainisch und teils Englisch. Die Ukraine wünscht sich von den USA zur Abwehr des russischen Angriffskrieges seit längerem reichweitenstarke Marschflugkörper vom Typ ATACMS. Dies sind Lenkflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern vom US-Hersteller Lockheed Martin, die vom Boden aus gegen Ziele am Boden abgefeuert werden. Von Deutschland erbittet die Ukraine ein ähnliches Waffensystem, Marschflugkörper vom Typ Taurus. Sie sind für die Zerstörung von Bunkern und geschützten Gefechtsständen auf bis zu 500 Kilometer Entfernung geeignet.

Auf die Frage, ob er enttäuscht wäre, wenn er ohne eine Zusage des Waffensystems wieder aus den USA abreisen würde, sagte Selenskyj, es wäre nicht wirklich eine Enttäuschung. Es wäre aber ein "Verlust" für das ukrainische Militär, solche Waffensysteme nicht zur Verfügung zu haben. Und es gäbe mehr Opfer auf dem Schlachtfeld und anderswo.

Selenskyj betonte aber: "Wir setzen unsere Partner nicht unter Druck." Er sei nicht in die USA gekommen, um mehr zu verlangen, sondern um Danke zu sagen für alles, was die Vereinigten Staaten und andere bereits geleistet hätten. "Sie haben uns in dieser schwierigen Zeit so sehr unterstützt", sagte er an die Adresse der Amerikaner.

Die Vereinigten Staaten gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Seit Kriegsbeginn haben die USA nach eigenen Angaben allein militärische Hilfe im Umfang von mehr als 43 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt - weit mehr als jedes andere Land. Nach seinem Besuch bei der UN-Vollversammlung in New York wollte Selenskyj zu Gesprächen nach Washington weiterreisen.

Erste Teilnahme seit Kriegsbeginn

Der ukrainische Präsident nahm zum ersten Mal seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen sein Land im Februar 2022 persönlich an der UNO-Generaldebatte in New York teil. Im vergangenen Jahr hatte er sich per Videoansprache an die Vereinten Nationen gewandt.