Fahren, ohne zu frieren: Wie gut heizen Elektroautos?

Im Video: So hat der ADAC die Heizleistung von Elektroautos untersucht ∙ Bild: © ADAC/Ralph Wagner, Video: © ADAC e.V.

Heizen kostet Energie – auch im Elektroauto. Wieviel das ist, wie lange es dauert, bis der Innenraum warm ist, und wie schnell er wieder auskühlt, hat der ADAC bei eisigen 10 Grad minus in der Kältekammer untersucht.

  • Im ADAC Check: Sieben E-Autos von klein bis groß

  • Das Ziel: Von minus 10 auf plus 20 Grad

  • Bei drei Modellen wird es nur ungleichmäßig warm

Wenn die kalte Jahreszeit hereinbricht, werden überall die Heizungen aufgedreht: Im Büro, in den Geschäften, im Wohnzimmer und nicht zuletzt im Auto. Während bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor Abwärme im Überfluss vorhanden ist, muss bei Elektroautos wertvolle Energie zum Heizen aus der Antriebsbatterie genommen werden und steht damit nicht mehr zum Fahren zur Verfügung. Der Stromverbrauch steigt, die Reichweite sinkt. Fahren und frieren? Das will man nicht.

In einer Studie hat der ADAC auf Basis von Messungen mit sieben verschiedenen Elektroautos ermittelt, wie energie- und zeiteffizient Elektroautos heizen, wie viel Heizleistung für das Halten der Temperatur nötig ist und wie lange die Wärme im Innenraum gehalten wird. Denn: je besser das Ergebnis, desto höher der Wohlfühlfaktor im Auto.

Die Elektro-Testfahrzeuge

Tesla Model Y und Fiat 500 in der Klimakammer
Fiat 500e und Tesla Model Y in der Kältekammer des ADAC© ADAC/Ralph Wagner

Alle Messungen fanden bei minus 10 °Celsius in der Kältekammer des ADAC statt. Geprüft werden sollte, wie schnell die Innenräume bei diesen eisigen Temperaturen erwärmt werden – und wie lange sie die Wärme halten können. Hintergrund: Im typischen Alltagsbetrieb mit dem Auto bewirken kürzere Stopps beim Supermarkt, Bioladen oder Metzger, dass der Innenraum jeweils auskühlt und immer wieder neu erwärmt werden muss – und das ist nicht gut für die Energieeffizienz.

Die Auswahl der Testfahrzeuge stellt zwar nur eine Stichprobe der am Markt verfügbaren Fahrzeuge dar, ist aber breit gefächert: Mit dem Renault Zoe und dem VW ID.3 sind zwei der am meisten verkauften und finanziell erschwinglichen Elektroautos vertreten. Der teure BMW iX sowie das Tesla Model Y sind im Test dabei, um Elektrofahrzeuge mit großem Innenraum zu untersuchen.

Der für seine sehr gute Reichweite bekannte Hyundai Kona Elektro steht für die Klasse der beliebten Kompakt-SUVs. Und während der VW e-Up als schon recht alte Konstruktion interessant ist, konnte der Fiat 500e zumindest schon bei den Verbrauchsmessungen von Green NCAP eine gute Effizienz beweisen.

  • Fiat 500e: Kleinwagen

  • Renault Zoe: Kleinwagen

  • VW e-Up: Kleinwagen

  • Hyundai Kona Elektro: Kleinwagen-SUV

  • VW ID.3: Untere Mittelklasse

  • Tesla Model Y: Mittelklasse

  • BMW iX: Obere Mittelklasse

Die umfangreichen Messungen teilten sich in drei Phasen auf. In Phase eins der Messungen ging es um das erstmalige Aufheizen. Phase zwei galt dem Dauerheizen, um die Innenraumtemperatur auf plus 20 °C zu halten. In Phase drei wurde das Auskühlen bei minus 10 °C Umgebungstemperatur untersucht.

Erste Beobachtung bei den Messungen: Aus der Luftauslassdüse neben dem Lenkrad kommt bei fast allen Testwagen innerhalb kurzer Zeit rund 20 °Celsius warme Luft, nach fünf Minuten sind es bereits fast 40 °Celsius. Hier zeigt sich ein klarer Vorteil des E-Autos gegenüber dem Verbrenner-Pkw: Bei dem dauert es relativ lange, bis sich genug Abwärme des Motors entwickelt hat und die Luft für die Passagiere erwärmt werden kann. Die elektrischen Heizsysteme in Elektroautos beginnen dagegen direkt mit dem Aufheizvorgang.

Wieviel Energie benötigt das Heizen?

Messung im Innenraum
Messtechnik zur Ermittlung der Innenraumtemperatur© ADAC/Ralph Wagner

Wie die ADAC Messstudie zeigt, werden moderate Energiemengen benötigt, um die Luft im Innenraum der Elektro-Testfahrzeuge im Mittel auf plus 20 °Celsius zu erwärmen: Der Hyundai Kona Elektro und der Fiat 500e kommen mit jeweils 1,5 kWh aus, das Tesla Model Y braucht 1,6 kWh, der Renault Zoe 1,8 kWh und VW e-Up und BMW iX 2,0 kWh. Der VW ID.3 benötigt in der Zeit 2,3 kWh Energie.

Dass die zum Heizen erforderliche Energie die Reichweite von Elektroautos zum Teil erheblich reduziert, hatte der ADAC in einer vorherigen Messtudie schon ermittelt.

Wie lange dauert das Aufheizen?

ADAC Testleiter Luis Kalb kratzt an einer gefrorenen Frontscheibe
Winterliche Bedingungen in der Kältekammer bei unter minus
10 °Celsius
© ADAC/Ralph Wagner

Zur Bewertung der Heizleistung haben die ADAC Ingenieure die Messlatte für die Elektroautos in dieser Studie bewusst sehr hoch gehängt: Es reicht im Test nicht, wenn es auf dem Fahrerplatz innerhalb kurzer Zeit einigermaßen warm ist. Im Gegenteil: Erst wenn die Temperaturen sowohl auf dem Fahrerplatz als auch auf der Rückbank und im Fußbereich angenehm sind, gilt das Fahrzeug im Testergebnis als komplett aufgeheizt. Dabei wurden die an den verschiedenen Stellen gemessenen Temperaturen zum Durchschnitt gemittelt. Erwünschte durchschnittliche Zieltemperatur: 20 °Celsius.

Eine vorhandene Sitz- oder Lenkradheizung waren nicht Gegenstand der Untersuchung. Und im Gegensatz zu den erwähnten Reichweitenmessungen wurden die aktuellen Messungen zur Heizleistung nur im Stand durchgeführt.

Bei den Ergebnissen zeigen sich überraschend große Unterschiede. Der luxuriös ausgestattete BMW iX erreicht die Zieltemperaturen schon nach 12,5 Minuten. VW ID.3 und Hyundai Kona Elektro benötigten für das komplette Aufheizen rund 25 Minuten. Und der Fiat 500e schafft es in etwas mehr als 30 Minuten.

Der Renault Zoe (Höchsttemperatur: 14 °C), der VW e-Up (10 °C) und das Tesla Model Y (15 °C) schaffen es dagegen auch nach 40 Minuten nicht, den Innenraum komplett auf durchschnittlich 20 Grad zu erwärmen. Gründe für eine ungleichmäßige Wärmeverteilung gibt es mehrere: Neben der Heizungsregelung ist ein weiterer Grund, dass die Hersteller teilweise an den Luftdüsen gespart haben. Beim iX machen sich hier die zusätzlichen Lüftungsdüsen in der B-Säule bezahlt.

Wie schnell kühlt der Innenraum aus?

Zwei Elektroautos stehen nebeneinander
VW e-Up und Renault Zoe schaffen es bei minus 10 Grad nicht, alle Insassen ordentlich zu wärmen © ADAC/Test und Technik

Um die Wärmedämmung der Fahrzeuge zu untersuchen, schalteten die Ingenieure die Heizungen ab und ließen den Innenraum auskühlen – ebenfalls bei minus 10 Grad Außentemperatur. Damit sollte das Szenario untersucht werden, wie es im Alltag gang und gäbe ist: Wenn Autofahrer auf dem Rückweg vom Einkaufszentrum nach Hause noch einen Stopp an der Apotheke einlegen oder etwas von der Reinigung abholen. Während jedem Zwischenstopp kühlt das Auto ab und muss dann wieder neu aufgeheizt werden.

Das Abkühlen beginnt, wie schon bemerkt, nur bei vier der sieben gemessenen Elektroautos mit einer gleichmäßigen Innenraumtemperatur von 20 °C. Das Tesla Model Y beginnt mit lediglich 15 °C, der Renault Zoe mit 14 °C und der VW e-Up sogar nur mit 10 °C.

So wie der BMW iX seinen Innenraum am schnellsten warm bekommt, so kühlt er am wenigsten schnell aus: Nach 30 Minuten herrschen im offenbar besser isolierten Innenraum des BMW immer noch Temperaturen um 10 °C, im kaum isolierten VW e-Up dagegen nur 5 °C. Und während im Hyundai Kona nach fünf Minuten noch immerhin 14 °C Mitteltemperatur herrschen, sind es im Tesla Model Y und im Renault Zoe nur noch 10 °C. Entsprechend lang dauert der erneute Aufwärmprozess nach einem Stopp und erfordert bei diesen Modellen auch wieder mehr Energieaufwand.

Die beiden Elektroautos, die den Innenraum am wärmsten geheizt haben, halten ihre Temperatur auch am längsten hoch. Das sind der BMW iX und der VW ID.3.

Mit dem E-Auto bei Kälte im Stau: Geht das?

Auch wer im Extremfall im E-Auto eine ganze Nacht im Stau aushalten müsste, würde nicht erfrieren. Die Heizleistung zum Halten der Innenraumtemperatur wurde im Stand untersucht. Die klare Erkenntnis: Die Heizleistung ist mit 1,5 bis 2 kW so gering, dass niemand Angst haben muss, im Elektroauto im Stau frieren zu müssen – vorausgesetzt, der Akku ist zu Staubeginn nicht schon weitgehend entladen. Der vermeintlich entscheidende Nachteil gegenüber dem Verbrenner ist im Stauszenario jedenfalls kleiner als gemeinhin angenommen, ganz davon abgesehen, dass solche Extremsituationen äußerst selten sind.

Hilft eine Wärmepumpe beim Heizen?

Ist eine Wärmepumpe effizienter als eine simple PTC-Heizung, die ähnlich wie ein Heißluftfön funktioniert? Unsere aktuellen Untersuchungen zeigen bei sehr kalter Außentemperatur von minus 10 Grad keinen signifikanten Effizienzvorteil der Wärmepumpe.

Die Testfahrzeuge VW ID.3, BMW iX, Renault Zoe und Tesla Model Y waren beispielsweise mit einer Wärmepumpe ausgestattet, hatten aber einen ähnlich hohen Energiebedarf, wie Modelle mit simpler Heiztechnik wie der VW e-Up oder der Fiat 500e.

Da Wärmepumpen die Umgebungsluft nutzen, sollten diese bei milden Temperaturen, wie sie in Deutschland in Übergangszeiten und inzwischen auch im Winter häufiger vorkommen, effizienter arbeiten. Ob und wie groß die Vorteile von Wärmepumpen tatsächlich sind, wird der ADAC in einem seiner Folgeprojekte genauer unter die Lupe nehmen.

Fazit: Wärmeisolierung kann besser werden

BMW iX in der Klimakammer
Projektingenieur Luis Kalb vermisst den BMW iX© ADAC/Ralph Wagner

Wo es einmal warm ist, sollte es möglichst lange warm bleiben. Denn wenn wenig Wärme entweicht, muss auch weniger nachgeheizt werden – ein Prinzip, das auch bei der Konstruktion von Niedrigenergiehäusern berücksichtigt wird. Während Verbrenner quasi "unbegrenzt" Wärme kostenlos als Nebenprodukt des Motors liefern, sind Wärmeverluste beim Elektroauto – wie auch im Wohnhaus – ungleich relevanter.

Es sollte dem Fahrer von einem Elektroauto daher bewusst sein, dass häufige Kurzstreckenfahrten im Winter durch das häufige Aufwärmen des Innenraums einen erhöhten Energiebedarf nach sich ziehen und den Stromverbrauch ansteigen bzw. die Reichweite sinken zu lassen.

Aber auch die Automobilhersteller sind aufgerufen, das Thema Wärmeisolierung konsequent anzugehen. Um Energie zu sparen, sollte vor allem der Temperaturabfall in den ersten Minuten nach dem Abstellen des Fahrzeugs so gering wie möglich gehalten werden. Dann wird am meisten Energie gespart, und der Fahrer freut sich als netten Nebeneffekt über einen noch warmen Innenraum nach dem kurzen Bäckerbesuch.

Tipps für E-Fahrer und -Fahrerinnen

  • Neben der Luftheizung auch Sitz- und Lenkradheizung nutzen, um Energie zu sparen.
    Türen und Fenster immer so kurz wie möglich öffnen.

  • Wo es geht, das Elektroauto in einer Garage abstellen, um den Wärmeverlust an die kalte Umgebung zu reduzieren.

  • Das Auto vorwärmen, während es noch an der Wallbox angeschlossen ist. Das verringert zwar nicht den grundsätzlichen Energiebedarf, erhöht aber die Reichweite.

  • Einstellmöglichkeiten der Heizung nutzen, um gezielt nur den Fahrersitz oder bewusst auch die Rückbank für mitfahrende Kinder zu beheizen.

Messstudie und Bericht: Luis Kalb/Technik Zentrum Landsberg