Der Aktivist sitzt in britischem Gefängnis: Aufregung um angebliches Foto von Julian Assange

Was seine Ehefrau Stella zu der Aufnahme sagt

Das Foto, das den inhaftierten Wikileaks-Aktivisten Julian Assange zeigen soll, ist durch KI hergestellt.

Das Foto, das den inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange zeigen soll, ist durch KI hergestellt. Der Ersteller nennt sich selbst „E“. Millionen halten es für echt.

Foto: E
Von: Timo Lokoschat

Dieses Foto zeigt, wie sehr Künstliche Intelligenz mittlerweile in der Lage ist, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und politische Botschaften zu senden.

Seit zwei Tagen wird eine vermeintliche Aufnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange (51) im Internet verbreitet. Sie zeigt den in Großbritannien inhaftierten Aktivisten mit geschwollenem Gesicht und geschlossenen Augen. Er sitzt in einem gekachelten Raum, wirkt erschöpft und trägt eine Art Lätzchen, auf dem die Flecken von Essensresten zu sehen sind.

Die Reaktionen auf das Foto waren schnell und heftig. Viele User drückten ihre Bestürzung darüber aus, dass Assange „unter derartigen Bedingungen“ festgehalten werde, darunter auch Journalisten und Politiker. Einzelne Tweets wurden von über 4,5 Millionen Nutzern angesehen.

Auffällig: Das Foto trägt ein Wasserzeichen mit dem Vermerk „Photo Property of E“, was auf den Urheber hinweist. Es handelt sich dabei um eine Person, die sich im Internet „The Errant Friend“ (Der irrende Freund) oder „E“ nennt und bereits vor zwei Wochen ein ähnliches Foto von Assange durch KI hat erstellen lassen. Auch künstlich erzeugte Aufnahmen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump (76) hat der Account bereits gepostet.

Nur wenige Nutzer weisen auf die Möglichkeit von Künstlicher Intelligenz und Auffälligkeiten im Foto hin. Tools, die in der Lage sind, KI in Bildern zu identifizieren, ergeben klare Indizien für einen Fake.

Julian Assanges Ehefrau Stella (40), eine schwedisch-spanische Rechtsanwältin, sagt auf BILD-Anfrage, dass es sich bei dem Foto um eine mithilfe von KI produzierte Fälschung handele. Auch der größte französische TV-Sender TF1 stuft es als unecht ein.

Am Samstagabend meldete sich „The Errant Friend“ bei BILD und bestätigte: Ja, das Foto sei von ihm produziert. Seine Erklärung: „Meine Absicht war es, ein Bild zu schaffen, das auf den dokumentierten Ereignissen um Julian basiert. Nach seiner Verhaftung wurde ihm im Grunde genommen der Zugang zur Öffentlichkeit verwehrt, auch bei seinen eigenen Prozessen. Das bedeutet, dass die Öffentlichkeit nicht miterleben kann, was ihm angetan wurde, aber es gibt Beweise für seinen geistigen und körperlichen Verfall. Ich wollte mit diesem Bild etwas schaffen, das die Menschen in eine moralische Zwickmühle bringt. Was soll die Öffentlichkeit tun, wenn sie diesen Zustand aktiv miterleben kann?“

„The Errant Friend“ erklärt, er habe das Programm MidJourney benutzt, um das Foto herzustellen. „Es sollte eine emotionale Reaktion hervorrufen und genau das darstellen, was die Öffentlichkeit sonst nicht miterleben könnte. Ich hielt es für wichtig, Julians Notlage ein menschlicheres Gesicht zu geben, das Gesicht, für dessen Auslöschung die Geheimdienste Überstunden gemacht haben.“

An der Aktion wird inzwischen aber auch Kritik laut. Es sei respektlos und nicht hilfreich, Fälschungen über Assanges Zustand zu verbreiten, auch nicht für Assange selbst.

Julian Assange ist derzeit im Londoner Gefängnis Belmarsh untergebracht. Er soll in die USA ausgeliefert werden, wo er wegen Spionage und der Veröffentlichung von Hunderttausenden Geheim-Dokumenten zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan angeklagt ist.

Von seinen Anhängern wird Assange als Held gesehen, der die Öffentlichkeit über Kriegsverbrechen aufgeklärt hat. Kritiker werfen ihm vor, durch die Offenlegung von gestohlenen Informationen rücksichtslos das Leben zahlloser Menschen gefährdet zu haben, darunter in repressiven Regimen lebende Informanten, die sich darauf verlassen mussten, dass ihre Identität geschützt bleibt. Kritisiert wird auch seine Russland-Nähe: 2016 hatte Assange Material über die US-Demokraten und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton verbreitet, das wahrscheinlich vom russischen Geheimdienst stammt.

Bei einer Verurteilung drohen Assange 175 Jahre Haft.

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