Kommentar enthielt Fehler

In Deutschland gilt für Ukrainer dasselbe Pensionseintrittsalter wie für Deutsche

09.06.2022, 17:31 (CEST), letztes Update: 13.06.2022, 13:12 (CEST)

Geflüchtete Ukrainer sollen bis zu zehn Jahre früher als Deutsche in Pension gehen und eine deutsche Pension erhalten können, heißt es im Netz. Das stimmt aber nicht - und auch nicht in Österreich.

Das Pensionssystem sorgt nicht nur in Österreich regelmäßig für Diskussionsbedarf. Einige Menschen empfinden es als ungerecht. In Sozialen Medien wurde es in Deutschland zuletzt mit dem Krieg in der Ukraine in Verbindung gebracht: Angeblich können Geflüchtete aus der Ukraine bis zu zehn Jahre früher in den Ruhestand gehen als Deutsche - und eine deutsche Pension erhalten. Das soll der Screenshot eines Facebook-Kommentars von «MDR Investigativ» belegen. «Hoffentlich fake», schreibt eine Userin dazu (archiviert). Aus den Kommentaren unter ihrem Beitrag geht aber hervor, dass viele an die Richtigkeit der Behauptung glauben.

Bewertung

In Deutschland gilt für Menschen aus der Ukraine dasselbe Pensionseintrittsalter wie für Deutsche. Der MDR ordnete seinen Kommentar als «Fehler» ein und korrigierte ihn. Der Screenshot der ursprünglichen Fassung wird aber weiter verbreitet.

Fakten

Der Facebook-Account «MDR Investigativ» des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hatte am 11. Mai 2022 auf die Frage einer Userin, ob Flüchtlinge aus der Ukraine bereits mit 57 Jahren in Deutschland in Pension gehen könnten, mit dem Wortlaut aus dem Screenshot geantwortet. Das hat der Sender bestätigt, seine Antwort aber am 18. Mai korrigiert. Seitdem steht dort nur noch, dass Menschen aus der Ukraine hier ab dem 1. Juni «Sozialleistungen beantragen» dürfen.

Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte der MDR auf Anfrage mit, dass der Redaktion «ein Fehler unterlaufen» sei, der «vielfach korrigiert» wurde. Dies hatte der MDR auch auf Facebook in mehreren Kommentaren eingeräumt. Doch der Screenshot der ursprünglichen Fassung des Kommentars wurde auch Tage später noch auf Facebook gepostet und verbreitet - ohne auf die zwischenzeitliche Korrektur zu verweisen.

Grundsätzlich gilt: Jeder Mensch, der in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgeht, zahlt in die Pensionskasse ein. Damit erwerben auch Ausländer wie ukrainische Staatsbürger Ansprüche in Deutschland. Für Menschen aus der Ukraine gilt dabei aber die sogenannte «allgemeine Wartezeit von fünf Jahren». Das heißt, erst wenn sie fünf Jahre Beiträge bezahlt haben, können sie auch Pension beziehen.

Diese Wartezeit gilt für alle Ausländer, die nicht entweder aus EU-Staaten oder aus Ländern stammen, mit denen Deutschland ein spezielles Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Mit der Ukraine wurde zwar ein entsprechendes Abkommen ausverhandelt. Es ist bisher jedoch nur vom Deutschen Bundestag und noch nicht vom Parlament in Kiew ratifiziert worden, wie die Deutsche Rentenversicherung der dpa mitteilte.

Doch auch nach der Ratifizierung wird für Ukrainer in Deutschland beim Bezug der Pension dasselbe Eintrittsalter gelten wie für deutsche Staatsbürger. Das bestätigte auch die Rentenversicherung der dpa: «Das gesetzlich vorgeschriebene Renteneintrittsalter variiert - je nach Art der Altersrente - zwischen 63 und 67 Jahren.»

Zwischen Österreich und der Ukraine besteht aktuell keine zwischenstaatliche Regelung zur Pensionsversicherung. Deshalb werden Versicherungszeiten, die in der Ukraine erworben worden sind, nicht für einen österreichischen Pensionsanspruch hinzugezählt, wie eine Sprecherin der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) auf dpa-Anfrage mitteilte. Das lässt sich zum Beispiel auf dem Portal oesterreich.gv.at nachlesen.

Ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger müssen dieselben gesetzlichen Bestimmungen, die für den Anspruch auf eine österreichische Pension notwendig sind, erfüllen. Hier gebe es keine Unterscheidung bei der Staatsbürgerschaft, so die Sprecherin:

«Das bedeutet, dass für einen Anspruch auf eine österreichische Pension am Stichtag - neben anderen Voraussetzungen wie zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Lebensalters - ein Mindestausmaß an Versicherungsmonaten vorliegen muss. Da (...) derzeit keine zwischenstaatlichen Regelungen mit der Ukraine vorliegen, müsste der*die ukrainische Staatsbürger*in das notwendige Mindestausmaß an Versicherungszeiten in Österreich, in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten erwerben», führte sie weiter aus.

(Stand: 9.6.2022)

Links

Kommentar von MDR Investigativ

Post mit eingeräumtem Fehler des MDR (archiviert)

Deutsche Rentenversicherung zu Pensionsansprüchen von Ausländern (archiviert)

Bestehende Sozialversicherungsabkommen bei der Deutschen Rentenversicherung (archiviert)

Deutsche Rentenversicherung zum Stand des Sozialversicherungsabkommens mit der Ukraine (archiviert)

Sozialversicherungsabkommen mit der Ukraine im Bundesgesetzblatt (archiviert)

Informationen zum Stand des Abkommens bei der Techniker Krankenkasse (archiviert)

Pensionsansprüche in Österreich (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

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