Der Pfropfen, der den Bach zum Überlaufen brachte

Binnen weniger Minuten wurde die Innenstadt von Hallein durch die Wassermassen eines Gebirgsbaches verwüstet – nicht zuletzt aufgrund von drei ins Wasser gespülten Autos.

vom 19.07.2021

Feuerwehrleute beim Einsatz in der Innenstadt von Hallein. (Foto: FALTER/Staudinger)

Am Tag, nachdem der Kothbach die Innenstadt von Hallein überflutet hat, steht Brandinspektor Arno Kropf die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben. Seit 18 Stunden sind die Freiwilligen Feuerwehren von Hallein, der Nachbargemeinde Vigaun und Salzburg Stadt jetzt schon im Einsatz – und noch immer ist das gesamte Ausmaß des Desasters nicht zu überblicken. Bloß eines weiß Kropf, zuständig für den am meisten betroffenen Stadtteil, mit Sicherheit: „Wir waren machtlos.“

Gegen acht Uhr abends hatte der Kothbach sein Bett verlassen. Danach dauerte es nur wenige Minuten, bis große Teile der Innenstadt komplett überflutet waren. Die Wassermassen rauschten mit derartiger Wucht durch die Straßen, dass selbst schwere Einsatzfahrzeuge Probleme hatten, durchzukommen.

Es dauerte einige Zeit, bis die konkrete Ursache des Desasters gefunden war: Zunächst einmal waren es klarerweise die sintflutartigen Niederschläge, die das Tiefdruckgebiet „Bernd“ auf seinem Weg von Deutschland Richtung Adria seit Tagen auf Mitteleuropa herabregnen lässt. Am Samstag wiederholte sich allerdings zusätzlich die Geschichte des Jahres 1976. Damals war nach heftigen Regenfällen ein VW-Bus in den Kothbach gespült worden und hatte ihn verlegt. Wenig später meldete Hallein City Land unter.

Als das Gewässer am vergangenen Samstag über die Ufer trat, landeten drei geparkte Pkw in den Fluten und versperrten den Abfluss, der den Bach unter der Stadt in die Salzach leitet.

Ohne diesen Fahrzeugpfropfen wäre der Hochwasserschutz wohl mit den Regenmengen zurechtgekommen oder die Überschwemmung zumindest weitaus glimpflicher ausgegangen, glaubt Brandinspektor Kropf. In den vergangenen Jahren ist der Kothbach mit ähnlichen Niederschlagsmengen eigentlich recht gut zurande gekommen, obwohl es immer wieder knapp wurde. 19 Kubikmeter Wasser pro Sekunde können durch sein Bett in die Salzach abfließen – bei einem Hochwasser fallen 42 Kubikmeter pro Sekunde an, berichteten die Salzburger Nachrichten vergangenes Jahr. Zuletzt gab es 2002 und 2013 Überflutungen, 2019 hätten nur wenige Zentimeter gefehlt.

Der Versuch, die Autos mit einem Bagger aus dem Kothbach zu entfernen, schlug zwar fehl, führte aber immerhin dazu, dass sie sich aus der Verkeilung lösten und in die Salzach mitgerissen wurden. Als der Abfluss frei war, habe es nicht lange gedauert, bis der Wasserspiegel gesunken sei, erzählt Brandinspektor Kropf.

Auch wenn es ein wenig kurz gedacht wäre, die Überflutung von Hallein eins zu eins auf die Erderwärmung zurückzuführen. Auf eine ironische Art stehen ihre Umstände symbolisch für das große Ganze: Autos als Mitverursacher – und zwar nicht mehr eines wie vor 45 Jahren, sondern gleich drei. Was für ein Jammer, dass sich akute Klimaprobleme nicht einfach wegspülen lassen wie in diesem Fall.

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