CoV-Impfkampagne in Israel
AFP/JACK GUEZ
AFP/JACK GUEZ

„Good news“ aus Israel in ersten Studien

Kein anderer Staat der Erde hat bisher so viele Menschen geimpft wie Israel. Durch eine intensive wissenschaftliche Begleitung liefert das kleine Land der ganzen Welt derzeit wertvolle Informationen – zwar braucht vieles davon noch eine fachliche Begutachtung, der Trend in Sachen Wirkung ist aber positiv.

Mit Stand diese Woche sind in Israel 90 Prozent der Über-60-Jährigen bereits einmal mit dem mRNA-Impfstoff der Firmen Biontech und Pfizer geimpft, mehr als 80 Prozent schon zweimal. Nahezu täglich erscheinen derzeit auf großen Pre-Print-Servern wie medRxiv erste Analysen der Impfkampagne, etwa in diesem Papier, das – wie einige andere auch – zeigt: Das Risiko für einen schweren Verlauf sinkt durch die Impfung sehr deutlich.

Auch auf das Argument, dass die sinkenden Zahlen am nationalen Lockdown liegen könnten, gehen die Forscherinnen und Forscher ein: Sie haben den Verlauf mit Lockdowns in der Vergangenheit verglichen und schreiben, dass man ungeachtet der Lockdowns den Effekt der Impfungen eindeutig berechnen könne.

Weniger Infektionen wahrscheinlich

Es gibt auch erste Hinweise, dass die Gefahr der Virusübertragung zurückgeht – möglicherweise bereits nach der ersten Impfung. In dieser Studie hat man die Virenlast bei Menschen analysiert, die sich nach der ersten Impfung noch infiziert haben, und die Virenmenge mit ungeimpften, frisch infizierten Menschen verglichen. Die Zahlen zeigen, dass die Virusmenge im Körper der Geimpften schnell abnimmt, und damit sinkt auch die Gefahr, dass man andere ansteckt.

Diese ersten, durchwegs positiven Ergebnisse sieht man in Israel bereits in der Alterskohorte der Über-60-Jährigen bei den Hospitalisierungs- und Todeszahlen: In den letzten Wochen hat es um fast die Hälfte weniger Spitalsbehandlungen gegeben und um ein Drittel weniger Tote – das wird in Studien und auch von den israelischen Krankenkassen berichtet. Je mehr Impfungen dazu kommen bzw. über mehrere Wochen wirken können, desto deutlicher werde dieser Effekt zu Tage treten, so die Erwartung vieler Expertinnen und Experten.

Mehr schwere Fälle unter Jüngeren

Wenn die Risikogruppe der älteren Menschen geimpft ist, das Virus aber weiterhin stark kursiert und viele Jüngere sich anstecken – die Auswirkungen auch davon kann man in Israel beobachten. Man sieht dann, dass die Fallzahlen insgesamt nicht oder kaum sinken und dass es mehr schwere Erkrankungen in der mittleren Altersgruppe gibt – wenngleich der Anteil jener, die schwer erkranken, sinkt, je jünger die Menschen sind. Vor allem bei den Jüngeren sinkt derzeit laut Medienberichten auch die Bereitschaft, sich impfen zu lassen.

Trotz der Datenfülle gibt es auch zu Israel nach wie vor blinde Flecken: So weiß man beispielsweise nicht, wie gut die Impfung bei Menschen mit Vorerkrankungen, Diabetes Typ 2 oder Krebs beispielsweise, wirkt. Das muss man erst genauer auswerten, diese Menschen waren auch nicht Teil der klinischen Zulassungsstudien, deshalb werden erste Ergebnisse dazu mit großer Spannung erwartet.

Ebenso ungeklärt ist der Prozentsatz der Durchimpfung, den es für eine Herdenimmunität braucht. Sind das 60, 70 oder doch 80 Prozent? Auf diese Debatte lässt sich Israel derzeit gar nicht ein. Dort hat man sich die Belieferung mit Impfstoff durch BionTech/Pfizer vertraglich gesichert, bis 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind – im Austausch gegen einen höheren Preis, Gesundheitsdaten der Bürgerinnen und Bürger für die Unternehmen und gegen volle Haftungsübernahme für mögliche Impfschäden durch den Staat Israel.

Live-Monitoring durch die Forschung

Dass Israel den eigenen Gesundheitsbehörden, der Politik und der Weltöffentlichkeit derzeit so viele wissenschaftliche Informationen liefern kann, liegt an zwei Umständen, die sich nun glücklich verknüpfen: Das Land verfügt über Forschungseinrichtungen von Weltrang, das Weizmann-Institut beispielsweise gehört zu den international anerkanntesten und in zahlreichen Rankings top-gelisteten Einrichtungen – vor allem im Bereich der Life Sciences und der Grundlagenwissenschaften wie Mathematik und Informatik. Und so bestehen die Teams, die derzeit mit ersten Studien aufhorchen lassen, meist aus Menschen mehrerer Disziplinen – von Medizin und Physik bis hin zu Statistik und Bioinformatik.

Die zweite Grundlage dafür, dass es nahezu ein „Live-Monitoring“ der Impfkampagne durch die Wissenschaft gibt, ist das digitalisierte Gesundheitssystem in Israel. Täglich fließen Rohdaten aus verschiedenen Landesteilen in die Modelle ein und erlauben tagesaktuelle Auswertungen anhand tatsächlicher Zahlen – das ist ein großer Unterschied zu vielen westeuropäischen Ländern, darunter auch Österreich.